Silicon Valley
Silicon Valley - High-Tech Wirtschaftswunder Nordkaliforniens

Das Wirtschaftsmodell der "Two Economies"

Laut Martin Kenney von der Stanford University lassen sich die Firmen in Silicon Valley in zwei große Gruppen einteilen: "Herkömmliche" Unternehmen und solche, die sich rein auf die Unterstützung von Startups konzentrieren. Er nennt diese beiden Bereiche die "Two Economies" von Silicon Valley.39
Beide sind durch die gemeinsame Geschichte sowie durch persönliche und technologische Beziehungen miteinander verbunden, jedoch klar gegeneinander abgegrenzt.

Die "Economy One" besteht aus etablierten Firmen, Forschungslabors, Universitäten und spezialisierten Dienstleistungsunternehmen.
Das Ziel ist entweder Profit und Wachstum oder Forschung und Entwicklung. Diese Firmen unterstützen natürlich keine "Spinoffs", sie streben nach eigenem wirtschaftlichen Erfolg. Quasi als "Nebenprodukt" ihrer Tätigkeit entstehen in diesen Firmen aber oft neue Erfindungen, von denen manche von neuen, unabhängigen Firmen kapitalisiert werden können. In der Elektronikindustrie sind die großen, etablierten Firmen oft unwillig oder unfähig, diese neuen Entwicklungen zu nützen, oder übersehen sie einfach.

Die "Economy Two" hat das Ziel, die Entstehung neuer Firmen zu unterstützen und zu erleichtern: Sie bietet spezielle Dienstleistungen für Startups, vereinfacht damit die Schaffung neuer Technologie-Firmen und beschleunigt ihr frühes Wachstum.
Die "Produkte" dieses Wirtschaftszweiges sind die neuen Firmen!

Die Aufgabe der Spezialistenteams in der "Economy Two" ist es, die Technologie oder Idee der Firmengründer in eine funktionierende Firma umzuwandeln.
Durch ihre Erfahrung auf diesem Gebiet können sie die Ressourcen, die für ein Startup benötigt werden, schnell herbeischaffen. Sie übernehmen relativ routinemäßige, aber notwendige und zeitaufwendige Tätigkeiten: die gesetzliche Firmengründung und Eintragung in das Handelsregister ("legal incorporation"), die Anwerbung von erfahrenem Personal, die Anschaffung von Büroflächen, die Ausstattung mit Möbeln, die Schaffung eines funktionierenden Buchhaltungssystems, sowie die Organisation und das Herbeischaffen einer Vielzahl anderer Waren und Dienstleistungen.

Die "Economy Two" besteht vor allem aus: → Anwaltskanzleien, die durch langjährige Erfahrung auf die typischen Aufgaben von High-Tech Startups spezialisiert sind (z.B. die Feststellung, wer ein bestimmtes geistiges Eigentum besitzt: eine Firma oder einer ihrer früheren Angestellten, der jetzt selbst eine Firma gründet) → Investment-Banken (Diese befinden sich vor allem in der Gegend von San Francisco, der Bay Area. Sie sind auf das Management von Börsengängen (engl.: IPOs) spezialisiert, haben gute Verbindungen zu Venture-Kapital-Gebern, etc) → Headhunter, die Personal für die neue Firma finden → Marketing-Organisationen (z.B. die berühmte McKenna Group) → Buchhaltungsfirmen → Andere Spezialisten, wie z.B. selbstständige Berater, die nichts anderes tun als Firmenchefs darin zu unterrichten, wie sie ihre üblicherweise vor dem Börsengang stattfindenden Firmenpräsentationen für Börse-Analysten gestalten sollen. → Betriebe, die sich um die Liquidierung gescheiterter Firmen kümmern. Zuerst wird versucht, die gesamte Firma billig zu verkaufen. Wenn sich kein Käufer findet, wird die Firma liquidiert. Alles, was nur irgendwie zu Geld gemacht werden kann, wird verkauft: Möbel, Büroräume, geistiges Eigentum, Patente, etc.

Die "Economy Two" ist einzigartig für Silicon Valley. Andere Industrie-Cluster haben zwar manchmal eigene Industriezweige, die ausschließlich auf die Förderung des Wachstums bestehender Firmen konzentriert sind, in Silicon Valley geht es jedoch um das rasche und reibungslose Entstehen neuer Firmen.
Die Firmen der "Economy Two" werden in letzter Zeit immer spezialisierter. Laufend werden neue Marktlücken entdeckt.
Häufig bieten diese Firmen ihre Dienste unter dem Marktpreis an und erhalten im Gegenzug Anteile an der Firma oder das Versprechen, die neue Firma auch in Zukunft als Kunde zu behalten.

Das Modell der "Two Economies" hat viele Vorteile. Obwohl die Unternehmer oft einen Teil ihrer "Kontrolle" über die eigene Firma aufgeben bzw. Anderen anvertrauen müssen, erhalten sie dafür Zugang zu Ressourcen, die das frühe Wachstum stärker beschleunigen, als sie es auf eigene Faust geschafft hätten.




39 - Vgl. KENNEY, Martin; VON BURG, Urs: Institutions and Economies: Creating Silicon Valley. In: KENNEY, Martin (Hrsg.): Understanding Silicon Valley. The Anatomy of an Entrepreneurial Region. Stanford: Stanford University Press 2000, S. 218 - 240


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