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Charakteristik
Silicon Valley wird gerne mit einem natürlichen Ökosystem verglichen.
Dort existiere ein auf die rasche Umsetzung von Ideen zu Produkten und auf deren
schnellstmögliche Vermarktung durch die Gründung neuer Firmen spezialisiertes "Habitat"
bzw. ein "fertile business environment" - und dieses Habitat ist komplex, dynamisch
und schwer nachzuahmen.
Die wichtigsten Merkmale dieses Habitats, die zwar nicht für sich alleine, wohl aber
durch ihre Kombination einzigartig sind, sind die folgenden:
→ Eine Gesetzgebung, die Technologie, Innovationen und das Gründen neuer Firmen erleichtert und fördert
→ Die Konzentration auf Spitzentechnologie und zukunftsweisende Wirtschaftszweige
→ Universitäten, die in ständigem Kontakt mit der Industrie stehen
→ Ein außergewöhnlich talentierter und in höchstem Grade mobiler Arbeitskräftepool, dem auch ein wachsender Anteil an in die USA eingewanderten Unternehmern angehört
→ Spezielle Wirtschaftszweige/"Versorgungsnetzwerke", die sich ausschließlich auf unterstützende Dienstleistungen für neu gegründete High-Tech-Firmen, wie z. B. die Finanzierung (finance), Rechtsberatung, Buchhaltung (accounting), das Personalmanagement und das Marketing, konzentrieren (= Economy Two, siehe 3.2).
→ Die Verfügbarkeit von Venture-Kapital (Risikokapital), das in großen Mengen investiert wird
→ Die Lebenseinstellung der Bewohner, ihr "spirit". Dabei sind besonders der Unternehmergeist und die Risikobereitschaft hervorzuheben.
Ein ebenso offensichtlicher wie wichtiger Faktor ist natürlich auch das Clustering
von so vielen Unternehmen und unterstützenden Netzwerken (Universitäten,
Venture-Kapital-Gebern, etc.) zueinander.
Sogar innerhalb des Valleys konzentrieren sich ähnliche Betriebe oft in bestimmten
Gegenden und Vierteln entlang bestimmter Straßenzüge. Zu den wichtigsten derartigen
Clusters zählen Venture-Kapital-Firmen entlang der Sand Hill Road in Menlo Park,
Rechtsanwaltskanzleien in der Gegend rund um die Page Mill Road in Palo Alto,
Beratungsfirmen in Menlo Park und Palo Alto, sowie Buchprüfer in San Jose.
Auch bei den eigentlichen Technologiefirmen existieren solche Clusters: die
Computerhersteller befinden sich vor allem in San Jose und Milpitas, die Halbleiterfirmen
in Santa Clara, und Software- sowie Internet-Firmen in Palo Alto, Mountain View und
Sunnyvale.
Die Vorteile dieser räumlichen Nähe liegen auf der Hand: Durch die räumliche Nähe
kommt es zu einem regen Austausch und einer raschen Verbreitung von Ideen, Kenntnissen,
Methoden und Fähigkeiten, die Menschen und Firmen lernen von ihren Nachbarn. Dieser
Gedankenaustausch wirkt auch motivierend auf die Angestellten.
Man könnte zwar annehmen, dass gerade durch die technischen Forschritte der letzten
Jahre und Jahrzehnte die räumliche Nähe der Firmen zueinander nicht mehr länger nötig
ist - dennoch ist das Gegenteil der Fall, denn trotz der elektronischen Kommunikation
ist der persönliche Kontakt und informelle "face-to-face"-Gedankenaustausch nach wie vor
von grundsätzlicher Wichtigkeit:
"Our answer to why is that clusters persist despite advances in communications
technologies because, marvelous though many of these technologies are and extensive
though their reach is, they do not have the necessary reciprocity to spread fast-breaking
knowledge. In championing the distal powers of new communications technologies to spread
information, prognostications easily underestimate the richness of face-to-face
interactions and local communications to spreading knowledge." 37
Ein wichtiges Merkmal der Wirtschaft von Silicon Valley sind die zahllosen Spin-offs
bzw. Startups. Man kann dabei drei Arten unterscheiden:
→ "Wettbewerbsbezogener Spin-off: Die Produkte des neuen Unternehmens stehen in direktem Wettbewerb zu denen der "Mutterfirma", von der es sich abgespalten hat.
→ 'Backward-linked' Spin-off: Die neuen Firmen beliefern die Mutterfirma mit Bestandteilen oder stellen ihr ein Service zur Verfügung. Oft sind solche Spin-offs erwünscht, um die Produktion auszulagern.
→ 'Forward-linked' Spin-off: Die Arbeitnehmer der Mutterfirma gründen ein neues Unternehmen, um ein dort entwickeltes Produkt, eine Abänderung davon oder ein Nebenprodukt auf eigene Faust zu vermarkten." 38
37 - BROWN John; DUGUID, Paul: Mysteries of the Region. Knowledge Dynamics in Silicon Valley. In: LEE, Chong-Moon; MILLER, William F. (Hrsg.): The Silicon Valley Edge. A Habitat for Innovation and Entrepreneurship. Stanford: Stanford University Press 2001
38 - KAUFMANN Alexandra: Die Hochtechnologieindustrie im Silicon Valley (USA). Ein Beispiel für die Entstehung neuer Industriegebiete. Nach: REES, J.: Technology, Regions and Policy. New Jersey: Rowman & Littlefield 1986, S. 82
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