Silicon Valley
Silicon Valley - High-Tech Wirtschaftswunder Nordkaliforniens

Die Rolle des Militärs

Schon immer spielte das Militär als Geld- und Auftraggeber eine wichtige Rolle in Silicon Valley.

Die Entstehung der Radioindustrie in der Bay Area wurde vom Militär gefördert, das als erstes den Nutzen und das Potential der drahtlosen Übertragung erkannte, bevor überhaupt die Idee der öffentlichen Radiosender und des Radioempfangs in Haushalten Fuß gefasst hatte.

In den fünfziger Jahren entstanden durch die Forschungs- und Entwicklungsaufträge der US Army, Navy und Air Force wichtige militärische Entwicklungen wie atombetriebene U-Boote und Kommunikationssatelliten. Das Militär spielte sozusagen die Rolle eines der ersten Venture-Kapitalgebers: Man war bereit, in neue Märkte zu investieren und das Risiko von kostspieligen Fehlschlägen in Kauf zu nehmen.

Vor etwa dreißig Jahren wurde durch das ARPAnet25 der Grundstein für die Entstehung des Internet und in weiterer Folge des E-Commerce gelegt.
Die Armee der Vereinigten Staaten wollte ein dezentrales Computernetzwerk aufbauen, bei dem die Kommunikationsmöglichkeiten nicht beeinträchtigt wären, auch wenn Teile des Netzwerkes aufgrund von Nuklearschlägen ausfielen. Das anfangs einfache Netzwerk mit wenigen "Nodes" (Zugriffsstationen) wurde später kommerzialisiert und entwickelte sich zu dem, was wir heute unter dem Namen Internet kennen.

Das Ende des kalten Krieges und die darauffolgende Ebbe an militärischen Aufträgen stürzten zahlreiche Betriebe in eine Krise: Viele mussten mit Masse-Entlassungen reagieren, einige, wie zum Beispiel Ford Aerospace, Entwickler von Kommunikationssatelliten, verschwanden in Firmenzusammenschlüssen und -verkäufen.

Doch vor einigen Jahren wuchs die Zahl der Aufträge von der U.S. Army wieder an, diesmal jedoch auf einem anderen Gebiet: Silicon Valley wurde rasch zu einem der führenden Zentren für Forschungen auf dem Gebiet der militärischen Biotechnologie-Abwehr in den USA26. Der Grund dafür liegt in der örtlichen Nähe sowohl zu den Biotechnik-Konzernen als auch zur Elektronikindustrie. Die beauftragten Firmen arbeiten in drei verschiedenen Ansätzen an neuen Methoden für Abwehrmechanismen gegen biologische Kriegsführung:
→ Erkennung von Krankheiten hervorrufenden Mikroorganismen
→ Man entwickelt immer kleinere und genauere Sensoren zur Erkennung und Bestimmung von Bakterien und Viren. Auch die Entwicklung von ferngesteuerten oder selbstständig arbeitenden Geräten wird gefördert.
→ Vorbeugung und Behandlung ("medikamentöse Gegenmaßnahmen")
Ziele sind unter anderem die Produktion von Mitteln, die die Immunität des Menschen anheben, die Bekämpfung der Krankheiserreger durch Chemikalien oder auch Mikroorganismen und Impfungen mit Hilfe von Sprays anstelle von Spritzen.
→ Schutzausrüstung
Bell Sports, Amerikas größter Fahrradhelm-Hersteller, arbeitet beispielsweise an einer Weiterentwicklung der Gasmaske, um die Atemwege vor Giftstoffen und Krankheitserregern zu schützen.

Bei erfolgreichen Versuchen ist es üblich, dass die Firmen vom Militär die Erlaubnis bekommen, die mit staatlichen Geldern finanzierten Erfindungen zu kommerzialisieren und auf dem freien Markt, beispielsweise in Form von Medikamenten, zu vertreiben.




25 - ARPA: Advanced Research and Protecion Agency, Forschungsabteilung der U.S. Army

26 - WONG, Nicole: Developing a defense for germ warfare. In: San Jose Mercury News, 27. August 2000


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