Herz (1997) nimmt auf die Ergebnisse der TIMSS-Studie für Deutschland
bezug und kommt zu folgendem Schluss: "Anspruchsvolle Leistungen sind nicht
das Ergebnis von Drill. Das zeigten Videostudien von japanischem Unterricht,
der gerade kein Drill-Unterricht ist. Kognitive und sozial-emotionale Förderung
geschieht wohl eher so: Gruppen des gemeinsamen Lernens widmen sich einem komplexen
Problem. Sie bearbeiten es in Subgruppen in wechselnden Sozialformen in hoher
Eigenständigkeit. Sie präsentieren ihren Lernweg und ihr Lernergebnis vor der
Gesamtgruppe. (…) Solches Lernen in kooperativen Teams führt offensichtlich
weiter als die Vorgabe eines richtigen Lösungsweges, der dann nur noch eingedrillt
werden soll."
(Screenshot TIMS-Studie war ein Glücksfall)
Kaiser (1998) schreibt: "TIMSS ist die größte internationale
Vergleichsuntersuchung, die bisher zur Erziehung und Bildung durchgeführt wurde."
TIMSS steht für "Third International Mathematics and Science Study". Sie stellt
eine international vergleichende Schulleistungsstudie dar.
Es wurden die Leistungen von etwa 500.000 Schülern untersucht.
Schulleiter, Lehrer und Schüler wurden zum Unterricht befragt und strukturelle
und curriculare Rahmenbedingungen erfasst. Weiters wurden Fallstudien sowie eine
vergleichende Videostudie erstellt. Die Studie wurde von 1991 bis 1996 in 45 Staaten,
darunter auch Deutschland, die USA und Japan, durchgeführt.
Im internationalen Vergleich der Mathematikleistungen (ermittelt über einen Test
mit 151 Aufgaben, die zum Teil frei, zum Teil mit Hilfe von multiple-choice-Angaben
gelöst werden mussten) haben die asiatischen Länder Singapur, Korea und Japan
die besten Ergebnisse erzielt.
Signifikant bessere Ergebnisse als die deutschen Schülerinnen und Schüler
erreichten in Europa auch die Mädchen und Jungen aus der Schweiz, dem flämischen
Teil Belgiens und weiteren 10 Ländern. Schülerinnen und Schüler aus weiteren 11
der teilnehmenden Länder schnitten signifikant schlechter ab.
Speziell für Deutschland gilt:
"Ein Charakteristikum des deutschen Mathematikunterrichts ist die große Bedeutung von starren, vorgeschriebenen Vorgehensweisen bei der Lösung von Problemen bzw. der Bearbeitung von Aufgaben, auf deren Einhaltung die Lehrpersonen bestehen."
(Baumert 2000)
- "Die Leistungen der deutschen Schülerinnen und Schüler in Mathematik liegen am Ende der 7. und 8. Jahrgangsstufe in einem breiten internationalen Mittelfeld."
- "Die Mathematikleistungen liegen am Ende der 8. Jahrgangsstufe in Deutschland nahe am internationalen Mittelwert"
- "Die deutschen Schülerinnen und Schüler erreichen das Leistungsniveau der internationalen Mittelgruppe in einem im Durchschnitt um sechs bis zwölf Monate höheren Lebensalter als die Schülerinnen und Schüler aller anderen Länder dieser Gruppe."
- "Die Heterogenität der mathematischen (…) Fähigkeiten ist in der 7. und 8. Jahrgangsstufe groß."
- "Der Anteil jener Schüler des 8. Jahrgangs, deren mathematische (…) Fähigkeiten im wesentlichen auf einem erweiterten Grundschulniveau liegen, ist mit etwa 20 Prozent auch im internationalen Vergleich hoch."
- "Es besteht eine Diskrepanz zwischen den Kompetenzen, die im Rahmen einer mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundbildung angezielt werden, und dem am Ende der 8. Jahrgangsstufe erreichten mittleren Fähigkeitsniveau."
- "Die Leistungsfortschritte vom Ende der 7. bis zum Ende der 8. Jahrgangsstufe sind in Deutschland in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern im internationalen Vergleich eher gering."
- "Im Bereich der mathematischen Spitzenleistungen sind die deutschen Schülerinnen und Schüler im internationalen Vergleich (…) unterrepräsentiert."
- "Die relativen Leistungsstärken der deutschen Schülerinnen und Schüler der 8. Jahrgangsstufe liegen in der Arithmetik, im Umgang mit Maßeinheiten und in der deskriptiven Statistik. Die relativen Schwächen liegen in den mathematischen Kernbereichen Algebra und Geometrie."
(Baumert 1997, S. 55ff.)
Klassifiziert man nicht nach den Themengebieten, sondern danach, welche mathematischen Fähigkeiten im einzelnen abgeprüft wurden, so ergibt sich folgender Befund:
"Deutsche Schülerinnen und Schüler haben (…) eher dann Schwierigkeiten, eine Aufgabe zu lösen,…
- …wenn die flexible Verbindung über mehrere Sachgebiete hinweg erforderlich ist, (…)
- wenn mehrere Schritte miteinander zu kombinieren sind, um eine Aufgabe zu lösen,
- wenn unterschiedliche Aspekte eines Gegenstands gleichzeitig angesprochen sind,
- wenn Umgang mit Ungewohntem verlangt wird, (…)
- wenn komplexe Modellierungen erwartet werden."
(Neubrand, Neubrand, Sibberns 1998, S. 26)