Silicon Valley
Silicon Valley - High-Tech Wirtschaftswunder Nordkaliforniens

Nachahmungsversuche

Bob Metcafe, Gründer von 3Com und Branchenkenner, sagte einmal, Silicon Valley sei das einzige Gebiet der Erde, das sich nicht überlege, wie es Silicon Valley werden könne.34

Es gab schon seit langem und gibt auch heute noch viele, zum Großteil vergebliche Versuche, Silicon Valley nachzuahmen, sowohl innerhalb der Vereinigten Staaten als auch in anderen Ländern. Diese oft von Regierungen am Reißbrett entworfenen Klone scheiterten häufig am mangelnden Verständnis der Region von Silicon Valley, ihrer Geschichte, und dessen, was sie so erfolgreich gemacht hat... learning-by-doing, learning-by-example (anhand von Beispielen) und vor allem learning-by-failure, also das Lernen aus Fehlern.

Die Firmen mit Sitz in Silicon Valley sind Vorbilder für Startups in aller Welt geworden - von Deutschland bis Indien, von Israel bis Korea.

Den "künstlichen Silicon Valleys" werden oft Namen gegeben, die ganz offensichtlich auf das Vorbild anspielen. So gibt es beispielsweise ein Silicon Glen in Schottland, ein Bit Valley in Japan, Tehran Valley in Korea, Silicon Alley in Australien und Silicon Freeway in Südengland.

Rund um den Erdball wurden NASDAQ35 -ähnliche, "Startup-freundliche" Börsen geschaffen. Der "Mothers exchange" in Japan, der "Neue Markt" in Deutschland und Koreas "KOSDAQ" sind Beispiele dafür.

Doch oft müssen die Stadtplaner schon sehr bald erkennen, dass ein klingender Name, die Ansiedelung von "business incubators" der Economy Two, und die großzügige Förderung von neuen Firmen mit Steuergeldern noch keinen Erfolg garantieren.
Das in Kapitel 3.1 beschriebene "Ökosystem" des kalifornischen Silicon Valley ist komplex, dynamisch und vor allem schwer nachzuahmen.

In Japan wurden innerhalb der letzten drei Jahre grundlegende Veränderungen der nationalen Gesetze und Verordnungen vorgenommen, um Stolpersteine für Firmengründungen zu beseitigen. Die Gesetze, die sich mit Themen wie Venture-Kapital, Insolvenzen und Beziehungen zwischen Universitäten und privaten Firmen befassen, wurden inzwischen reformiert. In anderen Bereichen jedoch müssten noch Änderungen erfolgen, um den besten und dynamischesten Arbeitnehmern Anreize zu bieten, zu neu gegründeten Startups zu wechseln, z.B. durch eine Pensionsvorsorge, die zu einer anderen Firma "mitgenommen" werden kann. Die bisherige japanische Tradition der lebenslangen Loyalität der Arbeitnehmer zu einer einzigen Firma und dafür auch die Sicherheit der Arbeitsplätze bei großen Unternehmen stellt ein wichtiges Hindernis für eine Mobilität der Arbeitskräfte nach amerikanischem Vorbild dar.
Wie man an diesem Beispiel sieht: "Changes in rules don't always equal changes in society"! 36
Trotzdem konnten einige Länder und Regionen auch Erfolge erzielen, indem sie das "Silicon-Valley-Modell" den Umständen, der Beschaffenheit und dem Potential ihrer Region angepasst, und aus ihren eigenen Stärken Kapital geschlagen haben.

Drei der erfolgreichsten High-Tech-Industrieregionen außerhalb der Vereinigten Staaten sind heute Hsinchu/Taiwan, Bangalore/Indien und Israel.

Die Wirtschaftsregion Hsinchu wurde vor ungefähr 20 Jahren vor allem durch großzügige staatliche Investitionen und spezielle Gesetze praktisch aus dem Boden gestampft. Heute befinden sich dort mehr als 270 überwiegend auf Hardware spezialisierte Firmen, darunter auch so bekannte Namen wie Acer, aber auch neue Startups in Bereichen wie Optoelektronik.

Im Gegensatz dazu entwickelte sich die Wirtschaftsregion Bangalore ohne viel staatliche Unterstützung durch das Vorhandensein einer großen Menge an talentierten, aber schlecht verdienenden Software-Spezialisten.

Israel setzte auf die Kombination von Forschung und Entwicklung für neue Technologien, Venture-Kapital und hervorragendes technisches Talent. Es entstand eine Vielzahl neuer Firmen, von denen viele in den letzten Jahren von US-amerikanischen Konzernen aufgekauft wurden. So übernahm etwa America Online um US-$ 400 Millionen die Firma Mirabilis, Entwickler des weitverbreiteten Internet-Kommunikationsprogramms "ICQ", und Intel erstand um US-$ 1.6 Milliarden die Firma DSP Communications.

Beim Vergleich dieser erfolgreichen Regionen fällt vor allem auf, dass sich jede von ihnen auf eine spezielle Nische des High-Tech-Marktes konzentriert. Außerdem haben sie alle von Beziehungen zu Silicon Valley oder anderen wichtigen Zentren der Informationstechnologie profitiert. Internationale Kontakte spielen eine entscheidende Rolle: Indische Software-Firmen lagern häufig die eigentliche Programmierung auf die Philippinen aus, wo billigere Arbeitskräfte vorhanden sind, während die Firmen in Taiwan Kontakte zu PC- und IT-Herstellern in China pflegen. Israel entwickelt sich zu einem weltweiten Zentrum für Forschung und Entwicklung, wo global agierende Konzerne wie Siemens oder Cisco Forschungszentren einrichten.
Die Fähigkeit, strategische Kontakte nicht nur im eigenen Land, sondern auch weltweit herzustellen und aufrecht zu erhalten, ist zu einem wichtigen Faktor des Erfolgs geworden.

Vor allem in Sektoren und Nischen, in denen Silicon Valley noch nicht die wirtschaftliche Vorherrschaft übernommen hat - das beste aktuelle Beispiel dafür ist die drahtlose Kommunikation - haben am Reißbrett erschaffene, aber vor allem sich von selbst aufgrund regionaler Merkmale entwickelnde Regionen die Möglichkeit, den Platzhirsch aus Kalifornien zu verdrängen.




34 - Vgl. KAPLAN, Silicon Valley, S. 42

35 - NASDAQ: Amerikanische Hochtechnologiebörse

36 - HANCOCK, Valley must work with global rivals to [keep] it s high-tech ‘habitat' healthy.


© 2001 Christopher Clay · c3o